Auf ein Wort, Bürgermeister

[15.02.2008] Bürgermeister A. MüllerKinder sind das Wesentliche im Leben. Wer Bürgermeister einer Stadt oder Gemeinde ist, der hat was zu sagen und den kennen die Bürger der Kommune. Immerhin lesen und hören sie von ihren gewählten Oberhäuptern, bekommen mit, wie Entscheidungen zu diesem und jenem Problem in der Stadt oder Gemeinde fallen.

Aber kennen die Bürger den Herrn oder die Frau Bürgermeister wirklich?

Die RUNDSCHAU fragt nach und bittet zum Stichwort-Interview:
Heute: Axel Müller (SPD).


Vetschau:
In Vetschau, einschließlich seiner zehn Ortsteile, leben derzeit 9300 Menschen. Zur Stadt gehören insgesamt 19 Dörfer. Die Ersterwähnung stammt aus dem Jahr 1302, das Wappenrecht, damit Markt- bzw. Stadtrecht wurde 1548 erteilt. Eine Besonderheit in Vetschau ist das 1540 erbaute Renaissance-Schloss, in dem sich seit 1920 bis heute die Verwaltung der Stadt befindet. Die wendisch-deutsche Doppelkirche ist ein Ausdruck des freundschaftlichen Miteinanders in unserem gemeinsamen Siedlungsgebiet. Aber auch die Slawenburg zählt dazu, die in der jüngeren Zeit für Vetschau eine wichtige Rolle spielt. Mit dem Gräbendorfer See ist in den vergangenen Jahren ein neues Erholungs- und Angelgebiet entstanden, das für den Tourismus von großer Bedeutung wird. Ein herausragender Sohn der Stadt war Richard Hellmann. Seine von ihm in den USA produzierte Vetschauer Mayonnaise machte ihn zu einem der reichsten Männer Amerikas. Für seine Heimatstadt gründete er später eine Stiftung, von der wir heute noch profitieren.

Probleme:
Prägend war für Vetschau der Kraftwerksbau ab 1960, mit dem ein starker Bevölkerungszuwachs verbunden war. Die Stadt hatte 1986 rund 14 000 Einwohner. Mit der Stilllegung der Kraftwerke zwischen 1992 und 1996 ging die Bevölkerungszahl wieder zurück. Mit den Folgen hat die gesamte Region noch heute zu tun. Einst heiß begehrte Neubauwohnungen stehen leer, Kindergärten und Schulen mussten geschlossen werden.

Heimat:
Zuhause zu sein und sich wohl zu fühlen, bedeutet für mich Heimat. Vetschau hat dabei eine Bedeutung, da es meine Geburtsstadt ist. Ich schätze das Kleinstadtleben. Hier kennen sich die Nachbarn noch gut. Zudem ist der Ort überschaubar.

Lausitz:
Die ,Lusatia' wird auch international wahrgenommen. Schließlich gibt es nicht für jede Region eine englische Übersetzung. Mit dem Spreewald konnte ich aber immer mehr anfangen. In Verbindung zwischen Lausitz und Spreewald sehe ich Chancen für die Zukunft.

Freizeit:
Während der Woche gehe ich zwei bis drei Mal vor der Arbeit Joggen, meist zwischen einer und eineinhalb Stunden. Hin und wieder nehme ich auch an Wettkämpfen teil, wie beispielsweise dem Spreewald-Marathon. Meine Motivation ist die Pflege der Gesundheit, aber auch der Wettkampf und das Messen mit anderen Sportlern.

Hobby:
In meiner Freizeit lese ich gern ein gutes Buch oder höre eine Schallplatte. Der Besuch von Konzerten kommt noch öfter vor. Rock und Jazz sind meine bevorzugten Musikrichtungen. Ich stehe aber auch Neuem aufgeschlossen gegenüber.

Freunde:
Das sind Menschen, denen ich vertraue, in deren Gegenwart ich mich wohl fühle und auf die ich mich verlassen kann. Offenheit ist mir dabei besonders wichtig. Kritik von Freunden ist oft sehr hilfreich, da sie meist einen anderen Blick auf die Dinge haben als Berufspolitiker. Für meine Freunde und Familie nehme ich mir inzwischen wesentlich mehr Zeit als früher.

Essen:
Ich esse eigentlich alles, was schmeckt und bin nicht wählerisch. Mit meiner Frau gehe ich aber gern zum Italiener oder Inder.

Kochen:
Meine Spezialität sind Hefeplinse, die mit Butter und Zucker oder Apfelmus gegessen werden. Das Rezept und die Zubereitung sind eine lange Familientradition. Diese Hefeplinse werden immer in der alten Gusseisenpfanne meiner Großmutter zubereitet.

Sport:
Energie Cottbus drücke ich die Daumen. Aber mehr dem Verein, denn ich bin kein großer Fußballfan. Dass die Mannschaft in der 1. Bundesliga spielt, hat der gesamten Region einen enormen Imagegewinn beschert. Das ist vor allem für den Tourismus von großer Bedeutung. Die örtlichen Vereine sind die Basis für den Leistungssport.

Urlaub:
Kurzurlaub mache ich gern in der Region oder Zuhause. Dann kümmere ich mich um Haus und Hof oder mähe den Rasen. Unseren Jahresurlaub verbringen meine Frau und ich gern in Italien oder Südfrankreich. In diesem Jahr waren wir in den Pyrenäen, wo wir die Geschichte der Region und alte Burgen erkundet haben.

Globalisierung:
Ich sehe Globalisierung nicht als Gefahr. Es ist der einzige Weg, wie die Welt weiter in Frieden existieren kann. Mitteleuropa wird nicht für immer auf Kosten der Dritten Welt weiter leben können. Außerdem kann es nicht sein, dass die Deutschen auf der einen Seite überall hin in den Urlaub fliegen und sich auf der anderen Seite abschotten wollen. Das passt nicht zusammen. Niemand kann sich der Globalisierung entziehen.

Kohle:
Ich bin Kraftwerker, habe Mess- und Regeltechnik gelernt und bin deshalb bei diesem Thema vorbelastet. Auf die Braunkohle zur Energieerzeugung kann momentan nicht verzichtet werden. Dafür gibt es in der Lausitz noch keine Alternative. Gegner führen immer wieder den CO 2 -Ausstoß an, doch sind die Braunkohlekraftwerke längst nicht mehr die Dreckschleudern wie vor 30 Jahren. Da hat sich in der Forschung in der Vergangenheit enorm viel getan. Es macht doch keinen Sinn, hier Tagebaue und Kraftwerke unter dem Deckmantel des Umweltschutzes zu schließen, um dann den Kohlestrom aus Polen oder den Atomstrom aus Frankreich zu beziehen. Sicher ist es für die umgesiedelten Menschen ein schwerer Schlag, aber hier geht das Gemeinwohl vor die Einzelinteressen.

Klima:
Deutschland allein kann die Welt nicht retten. Das Risiko der Erderwärmung muss global, also von allen Menschen, gefühlt werden. Jeder einzelne kann seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das fängt im Kleinen an, wie beispielsweise dem Ausschalten der Standby-Taste am Fernseher. Die Stadt Vetschau hat sich mit der neuen Solarsporthalle aktiv am Umweltschutz beteiligt.

Kinder:
Ohne Kinder wäre die Welt für mich nicht vorstellbar - sie sind das Wesentliche im Leben. Meine Frau und ich sind stolz auf unsere Kinder Johanna, Vinzent und Konstantin. Es ist schön zu sehen, wie sie sich entwickeln. Die beiden Älteren studieren, der jüngste arbeitet an seinem Abitur.

Gott:
Ich gehöre keiner Kirche an. Der Glaube an einen selbst und die Besinnung auf die eigenen Fähigkeiten sind mir wichtig. Nur wer sich selbst bewegt, ändert etwas.

Schicksal:
Das ist etwas Unausweichliches und ereilt einen meist dann, wenn man nicht damit rechnet. In meiner Familie hat es schon einen großen Schicksalsschlag gegeben, doch dadurch sind wir noch enger zusammengewachsen. Negative Ereignisse können auch ungeahnte Kräfte freisetzen und so zu etwas Positivem werden.

Kultur:
Kultur bedeutet für mich Lebensqualität. Das Angebot ist jedoch vom Standort abhängig. Da haben es Kleinstädte besonders schwer. In Vetschau wird es beispielsweise kaum wieder ein Kino geben. Dennoch ist das Angebot in der Stadt beachtlich. Mit der Wendischen Kirche und der Slawenburg gibt es zwei herausragende Einrichtungen, die das kulturelle Leben in der Stadt entscheidend mitprägen. Hervorragend ist das ehrenamtliche Engagement von Kulturverein und Gesangsverein an dieser Stelle.

DDR:
Ich bin in der DDR aufgewachsen, mag aber keine Ostalgie. Das politische System basierte auf Repression und hatte diktatorische Staatsstrukturen. Viele Menschen vergessen das heute und erinnern sich ausschließlich nur an die guten Seiten, die es auf alle Fälle ja gab. Ich war froh, dass 1989 die Geschichte der DDR zu Ende ging.

Zukunft:
Vetschau befindet sich in idealer Lage, direkt zwischen dem Spreewald und dem Lausitzer Seen land. Auch wenn die Stadt nie die touristische Bedeutung von Burg oder Lübbenau erreichen wird, so hat diese Schnittstelle großes Entwicklungspotenzial. Zudem liegt die Stadt aufgrund der Nähe zur Autobahn nach Osten und des Bahnanschlusses strategisch günstig. Wir sind eine zukunftsfähige Region, müssen uns jedoch darauf einstellen, dass der Altersdurchschnitt der Bevölkerung weiter ansteigt. Der demografische Wandel wird Veränderungen mit sich bringen, die auch manchmal schmerzhaft sein werden. Kindergärten und Schulen sind bei durchschnittlich 50 Geburten jährlich nicht für immer sicher. Dennoch blicke ich positiv in die Zukunft, da wir sie selbst aktiv mitgestalten können. Mein Ziel ist es, auch in Zukunft für Vetschau etwas bewegen zu können.

Träume:
Ich könnte mir vorstellen, einmal in einem ganz anderen Land, etwa in Südafrika oder Kasachstan, eine Verwaltung mit einer funktionierenden Infrastruktur mit aufzubauen. Persönlich hoffe ich, gesund zu bleiben.


AUFGESCHRIEBEN
von Lars Hartfelder

 

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